Bericht1 2009

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Mächtig Stress beschert der „Teufel im Himmel“ dem Rentweinsdorfer Sechserrat. Das Faschingsmotto empört viele Gläubige der Gemeinde und steht im Kreuzfeuer der Kritik.


Während „Im Himmel ist der Teufel los“ für die Narren ganz harmlos klingt, hört bei den Christen gerade bei diesem Thema der Spaß auf. Das bekommen die Narren jetzt deutlich zu spüren: Die Organisatoren von Open House, eine Initiative von Marburger Kreis und Kirchengemeinde, distanzieren sich heuer von den Faschingsabenden der Marktgemeinde und werden ihre Tontechnik nicht – wie in den Jahren zuvor – zur Verfügung stellen. Dies trifft den Sechserrat hart, denn eine gute Beschallungsanlage ist das A und O einer Büttensitzung.

„So schnell wird es also auch im Fasching ernst“, nimmt es Dieter Fürth dennoch mit Humor. Weil im Dorf hinter vorgehaltener Hand viel erzählt und getratscht wird, ist es dem Sitzungspräsidenten wichtig, die Dinge auch einmal öffentlich anzusprechen und ins rechte Licht zu rücken.

Bei der Wahl des Mottos hatte der Sechserrat keine bösen Hintergedanken, stellt Dieter Fürth klar. „Wir wollen uns nicht über den christlichen Glauben lustig machen, die Kirche diffamieren oder gar den Teufel verherrlichen.“ Das Motto „Im Himmel ist der Teufel los“ sollte eigentlich mehr die Action umschreiben, eben dass viel los ist.

„Das ganze Tohuwabohu kann ich nicht ganz verstehen“, schüttelt Dieter Fürth den Kopf. Seiner Meinung nach sollten Christen nicht alles so verbissen sehen und mit manchen Dingen etwas toleranter und nicht gar so weltfremd umgehen. „Fasching ist Fasching, da sollte man die Kirche im wahrsten Sinne des Wortes im Dorf lassen.“

Ein wenig neidisch blickt da Dieter Fürth zu seinen Karnevalskameraden nach Köln. „Dort sind Kirche und Karneval seit jeher eine Symbiose eingegangen“, weiß der gebürtige Düsseldorfer. Nicht umsonst spricht man von rheinischem Katholizismus und meint damit die Einstellung des Kölners zu den kleinen Sünden verbunden mit der Hoffnung, dass der liebe Gott schon ein Auge zudrücken werde. „Et hät noch immer jot jejenage“ (es ist noch immer gut gegangen) ist ein Lebensmotto, mit dem sich der Kölner bei kleineren Verfehlungen selbst tröstet. Und: „Mer kann jo bichte jon“ (man kann ja beichten gehen). Schon in frühen Jahren genossen Kölner Kurfüsten, die gleichzeitig Erzbischöfe waren, das fröhliche Narrentreiben während der Tage vor der Fastenzeit, waren allerdings bedacht darauf, dass die Lustbarkeiten nicht ausuferten.

Auch heute noch ist es üblich, dass die Kölner Oberhirten das Kölner Dreigestirn empfangen und sich dafür auch eine Narrenkappe aufsetzen. Sogar geistliche Herren steigen in Köln in die Karnevalsbütt. Einer der zurzeit bekanntesten Büttenredner ist katholischer Diakon und tritt als Bergischer Jung auf allen großen Karnevalssitzungen auf. In seinen Witzen verschont er auch den Kölner Kardinal nicht, den er liebevoll Herr Kanalmeister nennt. „Und der Herr Kardinal nimmt ihm das nicht krumm“, schmunzelt Dieter Fürth.

Letztendlich bleibt dem Rentweinsdorfer Sechserrat aber nichts anderes übrig, als die Entscheidung des Open House-Teams zu akzeptieren. „Wir können mit der Kritik leben.“ Allerdings hofft der Sitzungspräsident auch, dass sich die Wogen wieder glätten und einer künftigen Zusammenarbeit nichts im Wege steht. „Wir sind sehr dankbar, dass uns Open House in der Vergangenheit mit der Beschallungsanlage unterstützt hat. Und das alles zum Nulltarif. Das ist auch nicht selbstverständlich“, so Fürth.

Dennoch zeigt der Sechserrat Rückgrat: Auch wenn es einigen Leuten nicht passt, am Motto „Im Himmel ist der Teufel los“ wird nichts mehr geändert. „Es bleibt so wie es ist.“ Für ein anderes Motto wäre es außerdem eh schon zu spät: Die Faschingsorden sind fertig und die Eintrittskarten längst gedruckt. Auch das Problem der fehlenden Tontechnik ist nunmehr gelöst: Ein Nachbarverein hilft aus der Patsche.

Der verantwortliche Leiter von Open House, Lothar Hartmann, hat seine guten Günde, die Beschallungsanlage in diesem Jahr nicht für den Fasching auszuleihen. Seiner Meinung nach hat das Motto „Im Himmel ist der Teufel los“ Potential in sich, christliche Inhalte ebenso wie Kirche, Pfarrer und Christen lächerlich zu machen. „Wenn der Sechserrat, so ist es wohl geplant, in Mönchskutten erscheint, finde ich das zumindest geschmacklos.“

Die Beschallungsanlage von Open House ist gekauft worden, so argumentiert Lothar Hartmann weiter, um Gott zu ehren und Menschen zu helfen, den Sinn ihres Lebens zu finden. „Als Leiter von Open House will ich nicht, dass durch diese Anlage Verunglimpfungen des christlichen Glaubens ,erschallen‘ oder Christen durch den Kakao gezogen werden. Wenn meine Befürchtungen Lügen gestraft werden, was ich hoffe, hat sich die Weigerung gelohnt und im nächsten Jahr wird der Faschingsverein wieder mit unserer Anlage rechnen können.“

Und was sagt der Vertreter der Kirche zu der ganzen Auseinandersetzung? Ortspfarrer Hans Körner hat hierzu zwar seine eigene Meinung, möchte diese aber nicht öffentlich äußern.

Keinerlei Probleme hat Bürgermeister Willi Sendelbeck mit dem Motto. „Es ist doch Fasching! Ich weiß gut zu unterscheiden zwischen der Realität und der Narretei.“ Für das Gemeindeoberhaupt gehört es dazu, auch mal über sich selbst zu lachen – und das nicht nur in der fünften Jahreszeit.

Ganz locker sieht das auch Kulturringsvorsitzender Eberhard Wohl. „Im Fasching darf man doch nicht alles so ernst nehmen“, rät „Mister Fasching“ aus Ebern. „Man sollte das Ganze von der lustigen Schiene sehen. Wer zum Beispiel sagt, in Rentweinsdorf ist die Hölle los, meint das doch nicht böse. Der Ausdruck gehört zum alltäglichen Spachgebrauch dazu. Da denkt sich keiner groß was dabei.


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